Wenn sich etwas als endgültig erweist, 
wollen wir meist nichts davon wissen.
Es soll am Ende nie endgültig sein.
Nicht so, nicht jetzt und nicht auf diese Weise,
es kommt immer früh und zu plötzlich.
Das Endgültige ist auf seine weise immer voreilig. Es hätte wie immer erst viel später kommen sollen, morgen in einem Jahr oder vielleicht auch erst in hundert Jahren.

Und nun stehen wir heute hier gemeinsam bei Susi und auch wir können das Geschehene weder begreifen noch verstehen.

Wir alle trauern um ein junges Leben von gerade einmal 20 Jahren, denn auch ihr Tod kam viel zu früh und  viel zu plötzlich und seit den späten Abendstunden des 15. November 2005, als die Polizei vor dem Haus stand und dem Vater die Nachricht überbrachte, als die Mutter in dieser Nacht Nachschicht hatte und ihren Mann auf sich zukommen sah, wussten alle, es musste etwas schlimmes passiert sein.

Der Tod von Susi hat uns stumm gemacht und lässt uns mit seiner Endgültigkeit, sie nie wieder bei uns zu haben, er lässt uns seit diesem 15. November wortlos und schweigend inne halten.

Wenn ein alter Mensch, reich an Lebensjahren verstirbt und von der Seite seiner Familie genommen wird, dann ist es für die Angehörigen oft schmerzvoll und nur schwer zu verstehen.

Aber der selbe Verstand in uns allen schweigt, wenn ein noch junger Mensch, wie Susi im Alter von 20 Jahren durch ein tragisches Unglück so plötzlich und unerwartet, für alle hier noch unfassbar und dennoch unabwendbar, wenn dieses junge Mädchen am Anfang ihres Lebens stehend, wenn dieser Mensch auf tragische Weise von der Seite seiner Familie, seiner Freunde und aus seinem eigenen Leben gerissen wird.

Und so sind wir alle hier immer noch sprachlos und können das Geschehene weder begreifen noch verstehen und auf die vielen Fragen nach dem warum und warum gerade Susi, hat keiner von uns bis heute auch nur eine Antwort finden können.

Und so sind es gerade jetzt, in diesem Augenblick und in dieser schweren Stunde des Abschieds, sind es diese Augenblicke in unserem Leben in denen sich Worte nur schwer vom Block des Schweigens brechen lassen.

Stunden in denen unsere Seele trauert und der Schmerz über das, was Geschehen ist tief ins Innerste unseres Herzens eingedrungen ist.

Und so fällt auch mir heute angesichts dieses Todes von Susi doch jedes Wort schwer.

Fällt dieser Tod doch ein in unser Leben und empfinden wir eine ungeheure Angst, da nichts so unbarmherzig, nichts in unserem Leben so endgültig ist, wie dieser Tod.

Unerbittlich nimmt er einfach in Beschlag und wird er uns den Menschen, den wir über alles geliebt haben, wird er uns diesen Menschen doch nie mehr zurückgeben.

Wir fühlen uns hilflos und möchten am Leben zweifeln, denn es reichen Worte nicht aus, die den Schmerz im Herzen, die Trauer in ihrer Seele zum Ausdruck bringen über den Verlust von Susi.

Wenn alte Menschen sterben, wenn Kinder ihre Eltern begraben müssen, auch das mag schmerzlich sein, aber es ist nach unserem Ermessen der natürliche Lauf eines jeden Lebens.

Wenn aber Eltern ihre Kinder, wenn Großeltern und Geschwister einen jungen Menschen auf diesem schweren Weg begleiten müssen, dann zweifeln wir oft an uns selbst und es sträubt sich in uns allen etwas gegen diesen, wie wir auch meinen ungerechten Lauf dieser, unserer Welt.

Und sie alle hier, als Eltern und Geschwister, als Großeltern, Angehörige und Freunde von Susi, sie alle gehören zu den Menschen, die ihr nahe standen, die sie bis hierher ein kleines oder auch ein großes Stück auf ihrem Weg durchs Leben begleitet haben und deshalb sind es vor allem auch sie, die die Hauptlast von Schmerz und Trauer, die immer noch bestehende Verzweiflung, vielleicht aber auch die Hilflosigkeit gegenüber ihrem Tod zu tragen haben und kaum ein Außenstehender kann und wird ihre Gefühle in diesem schweren Augenblick begreifen, wird sie fühlen und verstehen können.

Denn alles ging so schnell an diesem Tag, in diesen Abendstunden und in diesem Augenblick, dass es uns heute immer noch wie ein Traum, ja fast wie ein Alptraum vorkommt und man meint, mit dem Aufwachen und dem Auswischen der Augen möge er wie sonst auch, für immer aus unserem Leben verschwunden sein.

Und was man oft vielleicht nur für einen Alptraum hält, mit dem Tod eines Menschen der uns nahe stand, der uns ans Herz gewachsen war und mit dem wir uns tief verbunden fühlten, ein Mensch, den sie vor allen Dingen geliebt haben, ist dieser Alptraum zur bitteren und unabwendbaren Wahrheit und zur Wirklichkeit geworden.

Denn wenn sich der Tod in der eigenen Familie ereignet, wenn einer von uns geht, dessen Leben wir über Jahre miteinander geteilt haben, von dessen Leben wir selbst ein Stück sind, dann ist es, als ob sich mit kalter und unsagbar schwerer Last eine Hand auf unsere beiden Schultern legt, dann kommen uns Fragen nach dem warum, dem woher und dem wohin, die uns heute an diesem Tag noch keiner beantworten kann.

Wenn ein Mensch, der ihnen nahe war, ein Kind das sie als Eltern großgezogen haben, wenn die Schwester mit der wir aufgewachsen sind, sie durch Kindheit und beginnende Jugend begleitet, wenn dieses Mädchen, Susi Aumann mit dem sie als Angehörige und Freunde, Seite an Seite bis hierher durchs Leben gegangen sind, wenn dieser junge Mensch von uns geht, erst dann beginnen wir meist über das Leben und über uns selbst nachzudenken.

Und bestimmt haben auch sie in der Familie in den vergangenen schweren Tagen darüber nachgedacht, welchen Anteil sie alle am Leben von Susi hatten, als Eltern, Großeltern und Geschwister können sie heute zurückblicken auf 20 Jahre und sagen, dass sie ihrer Susi nichts schuldig geblieben sind, den jede Stunde, jeder Tag, jedes Jahr war geprägt von Liebe, inniger Zuwendung und Geborgenheit.

Und vielleicht ist es auch deshalb so schwer, dies alles, was geschehen ist, zu verstehen.

Wir haben den Tod immer aus unserem eigenen Leben verbannt, haben jeden Gedanken an ihn verdrängt und jetzt hat er uns ohne jede Vorankündigung, ohne jedes Erahnen, dieser Tod von Susi hat uns mit seiner Endgültigkeit, mit unaufhaltsamen Schritt eingeholt und steht heute unabwendbar vor uns.

Gleich dem letzten Schlag einer Uhr ist die Zeit für Susi Aumann, in den Abendstunden des 15. November, als sie mit dem Auto auf dem Weg zum vereinbarten Treff mit ihren Freunden unterwegs war, ist diese Uhr ihres Lebens, ohne dass sie das Ziel erreichte auf dem Weg dorthin durch die Folgen eines tragischen Unglücks stehen geblieben.

Und von nun an, werden uns nur noch die Erinnerungen an sie, an ihr Tun und Handeln und an die gemeinsame Zeit mit ihr in Erinnerung bleiben uns in uns fortleben.

Und es wird noch lange so sein und auch so bleiben, denn sehr tief haben sich die Spuren ihres jungen Lebens in uns allen eingeprägt, ihre menschliche Art, ihr Lachen, Susi war auf ihre Art und Weise als Mädchen einmalig.

Susi wurde am 18. September 1985 als jüngste Tochter, kleines Nesthäkchen und Nachzüglerin in die Familie ihrer Eltern geboren.

Behütet und umsorgt von ihren Eltern wuchs sie mit kindlicher Fröhlichkeit unbeschwert mit ihren Geschwistern auf, wurde 1991 mit Zuckertüte und Schulranzen in die nahe gelegene Grundschule eingeschult und fühlte sich in der Gemeinschaft von Kindern und Freunden immer wohl.

Schon früh wuchs in ihr die Liebe zur Natur, zu Tieren  und vor allem zu Pferden.

Und wenn gleich sie auch nach ihrem Schulabschluss im Jahr 2002 hier in Treuen vorerst ein soziales Jahr im Pflegeheim der Arbeiterwohlfahrt absolvierte, um später mit der Ausbildung als Krankenpflegerin den Einstieg ins berufliche Leben zu beginnen, so gab sie den von Kindesbeinen an gehegten Wunsch und ihre Liebe, mit Tieren und vor allem mit Pferden zu arbeiten, nie auf.
Susi war sehr familienverbunden und obwohl sie sicher, mit der im November 2003 in München begonnenen Ausbildung, eine gute Krankenschwester geworden wäre, das Heimweh, die Sehnsucht nach der Familie, zu Freunden und Bekannten war größer.
Und so erfüllte sich mit der Ausbildung als Pferdewirtin im Herbst des vergangenen Jahres, auf dem Reiterhof in Grober in Großjena letztendlich auch dieser, ihr sehnlichster Wunsch.
Susi war wie alle Mädchen in ihrem Alter, sie hatte viel Freude bei ihrer Ausbildung, in der Schule mit Freunden, war aufgeschlossen, das Leben und die Menschen bejahend und vor allem lebenslustig.

Und so verbrachte sie durch ihre Berufsausbildung auf dem Reiterhof in Grober in Großjena, wo sie gerne war, sich wohl fühlte und sich alle gut miteinander verstanden haben und auch in der Schule in Wittenberg, verbrachte Susi in den letzten Wochen und Monaten viel Zeit mit Oma und Onkel in Freyburg, wo sie vorübergehend ein neues zu Hause fand und war die Trennung vom Elternhaus von hier, nicht all zu schwer, da ihr Pferd Susi, dass sie unendlich in ihr Herz geschlossen hatte, sie auch dorthin auf den Reiterhof Grober begleiten konnte.

Susi selbst war eigentlich nie leichtsinnig, übertrieben oder jugendlich naiv, sie war ein Mädchen, die wie alle ihre Alterskameraden immer locker und leger gekleidet auch ihre Altersbesonder- heiten auslebte und die einen großen Freundeskreis hatte.

Ihre freien Tage verbrachte sie meist in Treuen, traf sich mit guten Freunden und war, wenn wir heute darüber nachdenken, eigentlich viel mit ihrem Auto unterwegs. Von hier nach Freyburg, Großjena und Wittenberg, tagtäglich - bleiben die vielen Kilometer, die sie in den letzten beiden Jahren zurückgelegt hat, sicher ungezählt.

Und so war dieser 15. November, als sie wieder mit dem Auto auf dem Weg zu ihren Freunden war, die auf sie warteten, sicher nichts besonderes, keine Warnung, kein Erahnen, was da kommen sollte und man könnte fast meinen, Susi war an diesem Tag zur falschen Zeit am falschen Ort, denn für die kam, in diesem tragischen Augenblick als der Unfall geschah jede Hilfe zu spät,
weil keiner auch nur im Entferntesten erahnen konnte, was an unglücklichen Umständen in diesen wenigen Sekunden und Minuten zusammentraf, ein tragisches Unglück, dass uns mit seinen Folgen auch heute immer noch sprachlos und fassungslos bleiben lässt. 

Susi hat durch diesen schweren Unfall ihr Leben verloren und jeder der heute hier unter uns weilt, möchte das Geschehene, möchte diese Uhr des Lebens anhalten oder gar vielleicht nur für Sekunden zurückdrehen, Wünsche und Hoffnungen die uns bei den vielen Fragen nach dem warum und warum gerade sie, die uns auf der Suche nach Gerechtigkeit im Leben wieder einmal mehr als nur zweifeln lassen. Fragen, die auch in einem späteren Protokoll vielleicht nie richtig beantwortet werden können, die uns aber wieder einmal die Grenzen aufzeigen, Grenzen an die wir Menschen geraten oft nur für Sekunden und für einen kurzen Augenblick, die uns betroffen und hilflos machen, oft für die Dauer eines ganzen Lebens.

Und so bereitet das Erinnern, das Abschied nehmen von Susi gerade heute, wenn wir auf die bevorstehenden Weihnachtstage blicken unendlichen Schmerz für sie alle als Eltern, Geschwister, als Angehörige und Freunde der Familie.

Wird es ihren starken Willen, ihre ganze Kraft und auch die Vernunft eines jeden von uns heute hier fordern mit dem was geschehen und eingetreten ist, fertig zu werden.

Denn nur, wenn wir diesem unserem eigenen Leben, dem Einzigen und Wertvollsten, was wir selbst besitzen, wenn wir diesem Leben das geben was es von uns fordert, dann werden wir auch in der Lage sein, die Schwere des heutigen Ereignisses zu tragen.

Es ist schwer, sehr schwer sich vorzustellen, dass sie nicht wieder kommen wird und für sie alle heißt es nun mit Schmerz im Herzen und mit der Trauer in der Seele Abschied zu nehmen, von einem Menschen, der ihnen allen vertraut war.

Was bleibt, ist das Erinnern, das Festhalten am gemeinsamen Erlebten und im Zusammensein dieser Stunde wollen wir den Wert der Tage, der Jahre und der Zeit daran bemessen, die uns gemeinsam mit Susi gegeben waren, denn die Menschen sind nicht nur zusammen, wenn sie miteinander sind, auch der Abgeschiedene, der Entfernte lebt im Erzählen und im Erinnern in uns weiter - mit vielen Bezügen zu dem, was noch zu erleben sein wird und was in Zukunft geschieht, so wird ihnen Susi auch in den kommenden Tagen auf das Weihnachtsfest immer nahe sein und in ihnen weiterleben.

Und auch ich kann ihnen als Eltern und Geschwistern, ich kann ihnen als Angehörigen und Freunden von Susi nur Trost und Mut zusprechen, denn sie alle haben Menschen und Freunde um sich herum und an ihrer Seite, die mit ihnen fühlen und ihren Schmerz mit aufrichtigem Herzen teilen.

Ich wünsche ihnen allen für die kommende Zeit, nicht nur für die nächsten Tage und Wochen, sondern auch für die kommenden Monate und Jahre, ich wünsche ihnen Menschen, die ihnen zur Seite stehen, die ihnen ausdauernd und einfühlsam ihre Treue erweisen und die sie fragen, wie es ihnen wirklich geht.

Menschen, die sie trösten und die nicht ermüden in ihrer Bereitschaft mit ihnen über diesen schweren Verlust zu sprechen, denn ein Mensch ist erst dann wirklich tot und vergessen, wenn es keinen Menschen mehr gibt, der seiner jemals gedenkt.

Und so wird jeder von ihnen hier, Susi auf seine Weise verbunden bleiben und sie in unvergessener und dankbarer Erinnerung behalten.

Wir wollen in aller Stille Susi noch einmal gedenken und ihr für all das, was sie in ihren jungen Jahren bereits Gutes getan hat, danken.